Interview in DER HUND, 2 / 2006
Im Herbst hieß es in der Presse, künftig könnten Deutsche Pinscher-Welpen nach Farbwunsch gezüchtet und Fehlfarben vermieden werden. Möglich mache dies ein Gentest, der an der Tierärztlichen Hochschule Hannover entwickelt worden sei. Chefredakteurin Susanne Kerl fragte Siegfried Menzel, Initiator und Züchter im Pinscher-Schnauzer-Klub (PSK), nach den Hintergründen dieser Meldung.
[1] DER HUND: Fehlfarben beim Deutschen Pinscher - was müssen wir uns darunter vorstellen?
Menzel: Wir unterscheiden bei Deutschen Pinschern zwischen den Standardfarben "Schwarz-rot" und "Rot" einerseits und den im Standard nicht zugelassenen Farben, die wir als Fehlfarben bezeichnen. Dazu gehören die Farben "Blau" (Verdünntfarbe von "Schwarzrot"), "Isabell" (Verdünntfarbe von "Rot") und "Bronze". Darüber hinaus kennen wir aus alten Zuchtbüchern noch die Farbbezeichnungen "Hellschokoladenfarbig", "Hellbraun", "Braun", "Schokoladenbraun", "Schwarz mit braunen Abzeichen", "Hirschrot", "Rotbraun" und "Blaugrau mit blauen Abzeichen". Ich halte Deutsche Pinscher seit 22 Jahren. In dieser Zeit sind mir außer den Standardfarben nur blaue, braune und bronzefarbenen Exemplare zu Gesicht gekommen.
[2] DER HUND: Bringen diese Fehlfarben gesundheitliche Probleme mit sich, oder handelt es sich um einen rein ästhetischen Standard-Aspekt?
Menzel: Von den fehlfarbenen Hunden haben die blauen die meisten Gesundheitsprobleme. Den isabellfarbenen werden ebenfalls Gesundheitsprobleme nachgesagt, aber davon wissen wir zu wenig, weil es sie zu wenig gibt. Die bronzefarbenen Hunde haben nach Aussage skandinavischer Pinscherzüchter und der langjährigen Pinschererfahrenen in Deutschland keinerlei gesundheitliche Probleme, obwohl sie das sogenannte Dilutionsgen doppelt haben (dd). Hier könnte die Forschung weitergehen, um herauszufinden, warum es dd-Hunde gibt, die Gesundheitsprobleme haben, und andere, die frei von Problemen sind. Alle anderen oben erwähnten Farben bringen diesbezüglich keinerlei Gesundheitsprobleme mit sich.
Nach Schleger/Stur (1986) kann es bei betroffenen Hunden "bereits im Jugendalter zu ausgebreiteten schwer heilbaren Ekzemen, zu Alopezia (Haarlosigkeit), chronischer Dermatitus (Hautentzündung), Hyperkeratose (Hautverdickung) kommen. Die Tiere zeigen häufiger als andere Demodexmilbenbefall (bedingt durch die geschwächte Abwehrsituation der Haut) und zeigen oft eine generalisierte Lymphadenopathie (Schwellung der Lymphknoten) sowie Ödeme." Bei Schleger heißt es weiter: "Der Basisdefekt dieser Pigmentmangelerkrankung soll eine Immunkomplexstörung im Rahmen einer erblichen Nebenniereninsuffizienz sein."
Bei eigenen Nachforschungen habe ich von Fällen gehört, die vom Tod im frühen Lebensalter von ca. 1 ½ Jahren (Nierenprobleme) berichten, bis zu einem blauen Hund, der mit passender Ernährungsberatung 16 Jahre alt geworden ist. Es handelt sich keinesfalls um eine Frage der Ästhetik.
[3] DER HUND: Wie hoch ist in etwa der prozentuale Anteil dieser "Fehlfarben" in der Pinscher-Gesamtpopulation?
Menzel: Den prozentualen Anteil der Anlageträger an der Gesamtpopulation kann ich nicht beziffern, weil wir keinen repräsentativen Querschnitt der Gesamtpopulation im Test hatten. Es waren zwar alle Züchter zur Teilnahme aufgefordert, aber in der Praxis sind letztlich die Familien überrepräsentiert, in denen Anlageträger aufgrund der Abstammung vorkamen oder vermutet wurden. Ab Februar 2005 wurden nur noch Blutproben aus Familien mit Anlage- oder Merkmalsträgern getestet.
[4] DER HUND: Darf im PSK mit Hunden dieser Farbe gezüchtet werden?
Menzel: Im Standard der Deutschen Pinscher sind nur die Farben "Schwarzrot" und "Rot" zugelassen. Mit den anderen Farben (= Fehlfarben) darf daher im PSK nicht gezüchtet werden. Nachdem wir jetzt den Gentest haben, muß jeder seine Zuchthunde testen lassen, um die Verpaarung von zwei Dilutions-Anlageträgern auszuschließen und damit verbundene Gesundheitsbelastungen zu vermeiden, womit auch dem Tierschutzgesetzes genüge getan wird. Anders sieht es dagegen in den Ländern aus, die nicht der FCI angehören.
[5] DER HUND: Ist bekannt, wie sich die Fehlfarben beim Pinscher vererben? Ist das Gen identifiziert?
Menzel: Die sogenannten Fehlfarben werden durch ein "Verdünnungsgen" hervorgerufen, das bei einem Merkmalsträger zweimal vorhanden ist. Verdünnung heißt auf englisch "Dilution". Der erste Buchstabe dieses Wortes bezeichnet das Gen. Es steht ein großes "D" für die Vererbung der unverdünnten Farbe und ein kleines "d" für die verdünnte Farbe. "D" ist dominant über "d". Eine Fehlfarbe tritt also nur dann in Erscheinung, wenn der betroffene Hund zweimal das Gen "d" hat. Ist er Träger von "Dd", so wird das im Phänotyp nicht sichtbar, d.h. er ist schwarzrot oder rot. Genau an dieser Stelle hilft uns der Gentest weiter. Er liefert uns die Feststellung, ob ein Hund die Gene "DD" oder "Dd" hat. Hunde mit dem Genpaar "dd" erkennt der Züchter offensichtlich an der "verdünnten" Farbe.
[6] DER HUND: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und zu diesem Forschungsprojekt?
Menzel: Prof. Dr. Leeb von der Tierärztlichen Hochschule Hannover begann im Jahr 2001 mit der Entwicklung eines solchen Tests für Dobermänner. Die Wissenschaftler brauchten Blut- oder Haarproben für ihre Forschungsarbeit, die sie aber nur in sehr begrenztem Umfang erhielten. Bis zum Jahr 2003 wußten wir Pinscherzüchter nichts von diesem Projekt. Im Mai 2003 fiel dann ein Sechser-Wurf mit zwei blauen Welpen und im Juli folgte ein Achter-Wurf mit sechs blauen Welpen. Das erzeugte in der Züchterschaft sehr viel Unruhe und Aufregung. Niemand wußte, ob auch er/sie einen Anlageträger in der Zucht hatte und eventuell der nächste Fehlfarbenwurf im eigenen Zwinger fallen könnte. In dieser Zeit war ich Rassebetreuer im PSK und in der GEH. Andrea Kraft aus Besigheim, engagierte Halterin einer braunen DP-Hündin, meldete sich bei mir. Sie hatte vom Fehlfarben-Forschungsprojekt an der TiHo Hannover gehört und empfahl mir, Kontakt aufzunehmen, was ich umgehend tat. Prof. Dr. Leeb sagte mir zu, daß er das Forschungsprojekt in vollem Umfang wieder aktivieren würde, wenn ich ihm ausreichend Blut-/Haar-Proben von Deutschen Pinschern besorgen würde.
[7] DER HUND: Wie beteiligten sich die Pinscherfreunde daran?
Menzel: Ich begann mit grenzenlosem Optimismus, die Blutproben zusammentragen zu können. Nachdem in einigen Gesprächen abgeklärt war, daß die Forschungsarbeit für uns aufgenommen würde, wenn wir Züchter das Projekt mit Untersuchungsmaterial unterstützen würden, ging die "Werbung" dafür los. Das Problem und der Erbgang der Dilutionsfarben wurde in der Klubzeitschrift dargestellt. Der PSK sagte spontan die Übernahme der Kosten für die Blutproben und den Versand zu. Halter und Züchter brauchten nur mit ihrem Hund und seiner Ahnentafel bei nächster Gelegenheit zu ihrem Tierarzt gehen. Jedem wurde absoluter Datenschutz seitens der Forschung schriftlich zugesichert. Aber die Reaktionen der Züchter überraschten mich. Sie reichten von heller Begeisterung bis zur Blockade und Aufruf zum Boykott des Projekts. Für mich als Rassebeauftragtem war es 2003 sehr zeitaufwendig, nervig und kostenspielig, diese Blutproben zu bekommen. In dieser Situation wandte ich mich auch erfolglos an den Dobermann-Verein. Ein ganz besonderer Dank dagegen gilt hier Sabine Schindler, Dobermann-Zwinger "vom Ländtor". Sie besorgte innerhalb von zwei Monaten 100 bis 110 Blutproben, durch die der Test für die Dobermänner letztendlich dann schneller fertig wurde als der Test für die Deutschen Pinscher. Sehr erfolgreich verlief auch die Kontaktaufnahme mit Züchtern in Schweden, Norwegen, Finnland, Polen und den USA. Der Test konnte also von den Gegnern nicht aufgehalten werden. Manche von ihnen ließen sich aber überzeugen und machten später mit.
[8] DER HUND: Der Gentest ist seit Oktober 2005 verfügbar. Ist die Datenaufnahme und -auswertung damit abgeschlossen?
Menzel: Nein. die Forschung zu diesem Thema ist noch nicht gänzlich abgeschlossen. Die Tierärztliche Hochschule Hannover bittet weiterhin um Blut- oder Haarproben von betroffenen Welpen oder Würfen. Prof. Dr. Leeb berichtete mir, daß bei den 143 untersuchten Deutschen Pinschern und den 140 Dobermännern kein einziges falsches Test-Ergebnis dabei war. Trotzdem spricht man vorsichtshalber von einer 99,5prozentigen Sicherheit. Die 100prozentige Sicherheit hat man nach Ansicht der Forscher erst erreicht, wenn die Mutation, welche ursächlich für die Fehlfarbe verantwortlich ist, gefunden wird. Danach wird nun noch geforscht.
Der Gentest ist inzwischen patentiert. Außerdem besteht das Angebot, ihn auf Zwergpinscher auszuweiten. Ein diesbezüglicher Aufruf von mir in der PSK-Klubzeitschrift hat bisher kein Ergebnis gebracht. Ich hege die Hoffnung, daß vielleicht durch dieses Interview aufmerksame Leser einen Hinweis auf fehlfarbene Zwergpinscher geben können. Möglicherweise gibt es sie im PSK nicht mehr, möglicherweise hüllt man sich in Schweigen, vielleicht gibt es sie noch in anderen Vereinen oder Verbänden.
[9] DER HUND: Was ist aufgrund des Gentests heute an Erkenntnissen möglich?
Menzel: Mit Hilfe des Gentests können wir durch gezielte Verpaarungen fehlfarbene Hunde vermeiden und damit jegliche Gesundheitsprobleme ausschließen, die in Beziehung zum Dilutionsgen stehen. Wir können die Fehlfarbenproblematik, die unter der Bezeichnung "Blue-Dog-Syndrom", vormals "Blue-Dobermann-Syndrom", in die tierärztliche Fachliteratur eingegangen ist, grundsätzlich überwinden, wenn wir nur noch mit anlagefreien Tieren (genetischer Code "DD") züchten würde.
[10] DER HUND: Werden erkannte Anlageträger mit einem Zuchtverbot belegt?
Menzel: Erkannte Anlagenträger wurden bisher nicht aus der Zucht ausgeschlossen und werden es nach meiner ganz persönlichen Überzeugung auch in Zukunft nicht. Der offene Umgang mit diesem Thema war bei betroffenen Züchtern manchmal nicht einfach. Man befürchtete züchterische Repressalien, z.B. ein Zuchtverbot für Anlageträger. Deshalb habe ich mich von Beginn an dafür ausgesprochen, die Anlageträger in keinster Weise zu benachteiligen. Vom früheren Hauptzuchtwart des PSK, Herrn Hubert Schmitt, wurde uns damals zugesichert, daß betroffene Hunde auch in Zukunft keine Benachteiligungen zu befürchten haben. Ich gehe davon aus, daß dies weiter gilt. Natürlich wird erwartet, daß der Züchter ab jetzt seine Verpaarungen unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Gentest plant. Hätten Züchter wegen eines Anlageträgers Benachteiligungen in irgendwelcher Form hinnehmen müssen, so hätten wir wahrscheinlich kaum von diesen Hunden erfahren, und der Erfolg des Gen-Forschungsprojekts wäre vermutlich nie eingetreten oder nur sehr langfristig.
[11] DER HUND: In der Presse war im Herbst eine dpa-Meldung mit der Überschrift zu lesen: "Züchter können Pinscher in Wunschfarben anbieten". Damit ließe sich ein alter Traum erfüllen, weil die Natur ausgetrickst würde und nur noch gezielt Hunde mit angeblich viel lukrativerer Fellfarbe gezüchtet werden könnten. Wie beurteilen Sie diese Meldungen?
Menzel: Zu der dpa-Meldung habe ich mich in der Vereinszeitung unter anderem wie folgt geäußert: "Diese und ähnliche irreführende Überschriften mancher Zeitungsartikel vom 7.9.2005 lassen bei Laien vielleicht die Vorstellung aufkommen, daß sie demnächst grünkarierte, lilagestreifte, blaue oder isabellfarbige Deutsche Pinscher bei Züchtern ganz nach Wunsch bestellen können. Dem ist natürlich nicht so! Falsch geweckte Hoffnungen müssen hier also enttäuscht werden! Für Züchter sind die Standardfarben Schwarzrot und Rot die Wunschfarben, weil nur diese Farben aus gutem Grund im Standard und damit für die Zucht zugelassen sind. Die dpa-Mitteilungen in den Medien über den Gentest zu Verdünntfarben haben bei den Züchtern Verärgerung hervorgerufen. Es geht bei dem Gentest nämlich nicht um Verkaufspreise oder ausgefallene Farben, sondern allein um gesundheitliche Belange. Die sogenannten Verdünntfarben `Blau´ (von schwarzroten Eltern) und `Isabell´ (von roten Eltern) konnten bis jetzt nicht vermieden werden, weil man den Eltern die Anlage zu dieser Farbverblassung nicht ansieht. Pinscher, die mit einer solchen Fehlfarbe zur Welt kommen, können gesundheitliche Probleme verschiedenster Schwere bekommen. Allein um dies zu vermeiden, wurde für uns Züchter dieser Gentest entwickelt..."
[12] DER HUND: Wie geht es in der Pinscherzucht weiter? Wird der Gentest Pflicht für Züchter?
Menzel: Das ist eine sehr schwere Frage, die ich nur sehr unsicher beantworten kann. Von manchen Züchtern gab es, wie gesagt, Bedenken, andere wollen ihre Zuchtplanung auf die generelle Überwindung des "Blue-Dog-Syndroms" ausrichten. An Äußerungen zur zeitlichen Überwindung des Problems gehen die Meinungen von zwei bis sieben Generationen schon weit auseinander. Aber es gab auch die Äußerung, man sollte sich auf Dauer auf den Gentest einstellen und Anlageträger weiterhin in der Zucht behalten, weil man fehlfarbene Hunde jetzt gezielt vermeiden kann. Diesem letzten Gedanken sollte man dann zustimmen, wenn man die Forschung finanziell unterstützen und ihr auf diese Weise eine dauerhafte Einnahmequelle eröffnen will.
Als Argument für den dauerhaften oder langjährigen Gentest werden allein populationsgenetische Begründungen gegeben. Die Befürworter möchten weiterhin Anlageträger einsetzen, um die Zuchtbasis nicht zu schmälern. Ich sehe dieses Argument genau von der entgegengesetzten Seite: Wenn ich einen Anlageträger mit einem anlagefreien Hund verpaare, erhalte ich jeweils rein statistisch und nach den Mendelschen Erbgesetzen 50 Prozent Anlageträger in der Nachzucht. Das schränkt aus meiner Sicht die Auswahl bei jedem solchen Wurf um 50 Prozent ein. Verpaare ich dagegen zwei anlagefreie Hunde miteinander, so erhalte ich in jedem Fall nur anlagefreie Welpen, also sind aus farbgenetischen Aspekten 100 Prozent in der Zucht einsetzbar.
Mein Vorschlag ist, daß die Züchter sich aus ihren Würfen ab 2007 nur noch solche Hündinnen zur Weiterzucht aussuchen, die anlagefrei sind, und daß man sich auf einen angemessenen Übergangszeitraum verständigt, von dem ab man dann auch nur noch anlagefreie Rüden in der Zucht verwendet. Wir würden so in die günstige Lage versetzt, daß alle Hunde von da ab nicht mehr getestet werden müssten, weil ihre Eltern anlagefrei sind. Es stünden uns dann theoretisch alle Hunde für die Zucht zur Verfügung. Der Genpool hätte keine Einschränkung mehr. Das sehe ich als großen Fortschritt an.
Züchter, die in ihrer Nachzucht ab 2007 keine anlagefreie Junghündin bis zum Ausscheiden ihrer vorhandenen Zuchthündin haben würden, sollten die Auswahl auf die nächste Generation verschieben können. Aber damit sollte die Übergangsphase zeitlich beendet sein. Berechtigte und begründete Ausnahmen soll-ten auf Antrag möglich bleiben.
Ausländische Zuchtrüden, die einzelne Pinscherzüchter natürlich auch einsetzen, unterliegen selbstverständliche der Zuchtordnung ihres Landes. Wir könnten aber fordern, daß Nachzucht aus solchen Würfen, die bei uns in die Zucht gehen soll, getestet werden muß und möglichst nur mit anlagefreien Hunden weitergezüchtet wird.
Von den Züchtern, denen es nicht um das Ende des "Blue-Dog-Syndroms" in Deutschland geht, wird gern auf den Superrüden oder die Superhündin verwiesen, die der Zucht nicht deshalb verloren gehen dürften, weil sie Anlageträger sind. Ich sehe diese "Superhunde", die unverzichtbar für die Zucht wären, leider nicht. Wenn es sie denn tatsächlich in der Übergangsphase bis zum Ende des "Blue-Dog-Syndroms" geben sollte, so müßte auch die Situation mit einer Ausnahmegenehmigung geregelt werden können.
Ich bin grundsätzlich ein Gegner von allen möglichen Vorschriften und Zuchteinschränkungen. Züchter müssen eigenverantwortlich handeln. Ein Züchter muß bestimmte Notwendigkeiten einsehen und innerlich bejahen. Möglichkeiten, Zwänge zu umgehen, gibt es sowieso meistens. Beim Gentest zur Überwindung gesundheitlicher Probleme haben wir das erste Mal die Chance, uns dauerhaft von einem Problem zu befreien. Da unterscheidet sich der Gentest in vorteilhafter Weise z.B. von alljährlich zu wiederholen-den Augenuntersuchungen der Zuchthunde oder der HD-Untersuchung jedes Zuchthundes entsprechender Rassen.
[13] DER HUND: Wie läuft das Prozedere ab, und was kostet die wissenschaftliche Gewissheit über die Farbvererbung der eigenen Zuchthunde?
Menzel: Die Untersuchung wird durch das Tierärztliche Institut der Universität Göttingen angeboten. Für die diagnostische Untersuchung gibt es drei Alternativen:
* 2-3 ml Blut (EDTA-Blut)
* mindestens 30 frisch gezupfte Haare mit Haarwurzeln
* ein ungefähr erbsengroßes Stückchen Gewebe
Der Umgang mit den Proben unterliegt bestimmten Hygiene- und Konservierungsbedingungen, die auf der Internetseite des Instituts "Tieraerztliches-Institut / Uni-Göttingen" nachzulesen sind. Dort kann auch das Antragsformular heruntergeladen werden. Der Preis für eine Einzeluntersuchung durch das Institut beträgt 68,97 Euro plus Mehrwertsteuer und Porto. Hinzu kommen noch die Kosten für die Blutentnahme und Versendung durch den Tierarzt.
[14] DER HUND: Wird der Gentest dazu führen, daß Fehlfarben völlig aus der Pinscherzucht verschwinden?
Menzel: Das wäre sehr schön und aus meiner Sicht der Weg, den wir beschreiten sollten. Wir stehen am Anfang der Diskussion, wie wir Züchter mit dem Gentest umgehen wollen. Zur Zeit wage ich folgende Prognose: Wenn es den Züchtern überlassen bleibt, wie sie mit dem Gentest umgehen, werden wir nie davon loskommen und auf Dauer einen Teil unserer Hunde testen müssen. Ob der PSK seine Zuchtordnung für einen begrenzten Zeitraum ändern wird, um die Zucht in Deutschland von dem Farbverdünnungsgen zu "befreien", ist eine noch gewagtere Prognose. Zum Schluß zwei ganz aktuelle Zahlen: Die Dobermannzüchter haben ihren Test seit August 2005 in der Anwendung und bis Mitte November wurden geschätzte 250 Hunde getestet. Die Nachfrage nach anlagefreien Deckrüden soll deutlich erkennbar sein. Der Gentest für die Deutschen Pinscher läuft seit Anfang Oktober und hat innerhalb des ersten Monats 34 Testergebnisse gebracht. Das sind erfreuliche Zahlen, die Hoffnung und Mut machen. ♦